Planung von cGMP-konformen Materialien für klinische Studien

klinisches Prüfmaterial

Dr. Gerhard Reuter, Qualified Person bei Vetter erläutert, warum Best Practices im Bereich Fertigung bereits bei den ersten Produktchargen von Bedeutung sind – und wie diese umgesetzt werden können.

Wussten Sie, dass die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA (Food and Drug Administration) in den vergangenen fünf Jahren mehr als 600 Citations im Zusammenhang mit Fertigungsprozessen ausgesprochen hat? Das sind mehr als 600 Fälle mit Rückschlägen, Verzögerungen und Zusatzkosten für die Unternehmen, die die betroffenen Produkte entwickeln.

Produktionsbedingte Herausforderungen wie diese können an jedem Punkt des Produktlebenszyklus auftreten, doch gerade in der Phase der klinischen Entwicklung sind die Risiken und Auswirkungen besonders akut.

Bei der Produktion der ersten klinischen Chargen können regulatorische Rückschläge aufgrund von Qualitätsproblemen für Pharmahersteller gleich doppelt zu Buche schlagen: Es geht nicht nur wertvolle Zeit für die klinische Erprobung verloren, sondern auch unersetzliches Geld aus der Finanzierung der Studie.

Wie kann es Ihnen und Ihrem Team gelingen, schmerzhafte Rückschläge wie diese zu vermeiden? Es ist wichtig, sich genügend Zeit für die Erarbeitung von Fertigungsprozessen zu nehmen, die der aktuell anerkannten guten Herstellungspraxis (cGMP – Current Good Manufacturing Practices) entsprechen – und das bereits ab den ersten Produktchargen für klinische Studien.

Warum die cGMPs schon im Frühstadium von Arzneimitteln so wichtig sind

Abfüllung von klinischem Prüfmaterial

Bei injizierbaren Medikamenten ist der Übergang von der präklinischen zur klinischen Entwicklung bereits mit vielen zusätzlichen verfahrenstechnischen, logistischen und regulatorischen Faktoren verbunden, die in der Produktentwicklung beachtet werden müssen. An diesem kritischen Wendepunkt hat es oft den Anschein, dass cGMPs die Komplexität des Projekts zusätzlich erhöhen.

Aus diesem Grund fragen sich einige Arzneimittelhersteller, ob sich die zeitliche und finanzielle Investition tatsächlich lohnt.

Lassen Sie sich versichern, dass cGMPs eine essenzielle Rolle spielen – und das selbst in den frühesten Phasen der Produktentwicklung. Sie geben die Qualitäts- und Sicherheitsstandards vor, die Pharmaprodukte erfüllen müssen, um für den Einsatz am Menschen zugelassen zu werden. Damit sind sie bei allen neuen Produktentwicklungen ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg in die klinische Phase. Behörden, die die Sicherheit der zu testenden Medikamente für den Einsatz in klinischen Studien überprüfen, erwarten die Umsetzung der cGMP-Grundsätze.  

Die Einhaltung der cGMPs sicherzustellen, ist jedoch leichter gesagt als getan. cGMPs umfassen eine Reihe von Standards, die sich kontinuierlich weiterentwickeln. Wie der Begriff „current“ bzw. „aktuell“ andeutet, werden diese Richtlinien kontinuierlich überarbeitet und neue chemische, biologische und technologische Fortschritte aufgegriffen. Wann und an welchem Punkt sollte man also bei der Umsetzung dieser Grundsätze ansetzen?

Die Frage nach dem Wann lässt sich relativ einfach beantworten: so früh wie möglich, beginnend ab den ersten Produktchargen für Zulassungsanträge und ihr klinisches Prüfmaterial. Wenn Sie die Best Practices bereits frühzeitig umsetzen, schaffen Sie eine solide strategische Grundlage, sowohl für die ersten behördlichen Anträge als auch für viele nachgelagerte Weiterentwicklungen Ihrer Produktionsprozesse.

Die Frage nach dem besten Ausgangspunkt gestaltet sich etwas komplexer. Hier sollten Sie sich am besten mit Ihrem CDMO abstimmen, der Ihr Unternehmen als wichtiger Partner dabei unterstützen kann, die für Ihr Produkt relevantesten cGMPs zu ermitteln und cGMP-konforme Fertigungsprozesse zu entwickeln. Bei den meisten injizierbaren Medikamenten ist es in der Regel jedoch am wichtigsten, mit drei Kernkomponenten der cGMP-Konformität zu beginnen: Qualifizierung, Validierung und Dokumentation.

cGMP-konforme Produktion für klinische Studien: Die drei wichtigsten Komponenten

Karpulen werden befüllt

In unserer Videoserie zur klinischen Fertigung erläutert Dr. Gerhard Reuter, Qualified Person bei Vetter, wie er zahlreichen Arzneimittelherstellern bei der komplexen Aufgabe geholfen hat, systematisch cGMP-konforme Produktionsprozesse aufzusetzen.

Aufbauend auf seiner umfangreichen Erfahrung ist Dr. Reuter überzeugt, dass Unternehmen bei der Herstellung von injizierbaren Produkten einige wichtige Funktionen beachten müssen – insbesondere wenn die Abfüllung der ersten wichtigen Produktchargen für klinische Studien bevorsteht.

Mit dem Übergang vom Labor in die klinische Phase machen diese Unternehmen die ersten Schritte auf einem sehr viel längeren Weg im Bereich Compliance. So erklärt Dr. Reuter, dass es drei wichtige Komponenten gibt, die Unternehmen grundsätzlich gleich von Beginn an berücksichtigen sollten:

1. Qualifizierung

Ein erster wichtiger Schritt in Richtung cGMP-Compliance ist die richtige Kombination aus Wirkstoff, geschulten Fertigungsexperten und modernster Ausrüstung. Ganz zu Beginn Ihres klinischen Studienprojekts prüft Ihr CDMO, welche Technologien und welches Team am besten zu Ihrem Molekül passen.

Die „Qualifizierung“ dieses Moleküls mithilfe bestimmter Systeme beinhaltet eine detaillierte Bewertung spezifischer Abfüllmaschinen, Sterilisationssysteme, Behälterarten, Schläuche und vieles mehr – dabei wird jeder Schritt von qualifizierten Produktionsexperten mit relevanter Erfahrung zu den Technologien und den abzufüllenden Stoffen durchgeführt.

Die Qualifizierung Ihres Produkts unter Berücksichtigung der Expertise und der für die Abfüllung verwendeten Systeme ist ein grundlegender Schritt, der bei der Überwachung Ihres Produkts von der Wirkstoffübergabe bis hin zur Produktfreigabe nicht fehlen darf.

2. Validierung

Die zweite wichtige Voraussetzung für cGMP-konforme Produktchargen für klinische Studien sind Produktionsprozesse, die nachweislich exakt ein und denselben Wirkstoff liefern. So wird sichergestellt, dass in jeder Einheit und zu jeder Zeit das identische Molekül mit denselben Bestandteilen, derselben Konzentration und Viskosität etc. produziert wird.

Für diese Art der Validierung muss Ihr CDMO viele unterschiedliche Facetten Ihres Abfüllprozesses berücksichtigen: z. B. Validierung des/der produktspezifischen Filter, Festlegung bestimmter Testmethoden für mehrere Punkte im Prozess und Durchführung von Testdurchläufen zur Überprüfung aller Faktoren, bevor die Abfüllung des eigentlichen Produktmaterials beginnen kann.

Dabei ist zu beachten, dass für die Durchführung dieser wichtigen Validierungsschritte oftmals eine gewisse Arzneimittelmenge notwendig ist, die über die Menge hinausgeht, die für die Produktchargen für klinische Studien benötigt wird. Dies sollten Sie bei der Planung Ihrer Chargenmengen unbedingt berücksichtigen.

3. Dokumentation

Im letzten Schritt wird die Dokumentation Ihrer Produktionsprozesse an Behörden weitergeleitet, die Ihr Produkt für den Einsatz am Menschen zulassen. Diese Behörden erwarten eine detaillierte Dokumentation all Ihrer Prozesse sowie Informationen dazu, wie die Prozesse entwickelt wurden, warum sie für das betreffende Molekül geeignet sind und wie Sie sicherstellen, dass die Prozesse stets einheitliche und hochwertige Arzneimittel liefern, die sicher genug für klinische Studien an Menschen sind.

Bei Dr. Reuter und seinem Team lautet die Devise: Was nicht aufgeschrieben wurde, hat nicht stattgefunden! Sie benötigen detaillierte Aufzeichnungen darüber, wie Ihre Prozesse entwickelt und im Rahmen des Entwicklungszyklus angepasst wurden und warum etwaige Anpassungen erforderlich waren. Diese Details sind ein wichtiger Bestandteil Ihrer Zulassungsanträge bei der FDA, der EMA oder vergleichbaren Behörden – sie alle erwarten eine umfassende Dokumentation, wie Sie und Ihr CDMO-Partner den Produktionsansatz für Ihr Produkt entwickelt haben.

Ein erfahrener CDMO-Partner hat in seiner Standardarbeitsanweisung (SOP – Standard Operating Procedure) detaillierte Dokumentationsschritte etabliert. Machen Sie sich bewusst, dass die Umsetzung dieser Schritte zur cGMP-Einhaltung bei Ihrer Produktherstellung etwas Zeit in Anspruch nehmen wird.

Nehmen Sie sich Zeit

Diese drei Aspekte spielen bei der cGMP-konformen Herstellung von Produkten für klinische Studien eine wichtige Rolle und sind auch bei der späteren kommerziellen Fertigung von entscheidender Bedeutung. Letztendlich sind sie jedoch nur ein Ausgangspunkt für die Erarbeitung eines umfassenden Herstellungsansatzes, bei dem Best Practices möglichst frühzeitig in den Entwicklungsprozess von injizierbaren Medikamenten integriert werden.

Alle drei Aspekte erfordern unterschiedliches Fachwissen sowie einen eigenen sorgfältig geplanten Ansatz. Eines haben jedoch alle gemein: sie brauchen Zeit. Die Qualifizierung der Ausrüstung und der Produktionsteams, die Entwicklung und Validierung der Prozesse sowie die Dokumentation aller Schritte  – zum Nachweis eines cGMP-konformen Endprodukts müssen Sie all diese Aktivitäten in Ihren Zeitplänen berücksichtigen.

Es lohnt sich jedoch, diese Zeit einzuplanen. Nach Eingang der offiziellen Rüge der FDA ist auch den zuvor erwähnten 600  Unternehmen bewusst geworden, dass die Umsetzung der cGMP-Richtlinien der intelligente Weg ist, um in der wichtigen Produktenwicklungsphase Zeit und Kosten einzusparen und etwaige Probleme zu vermeiden.

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Fanden Sie diesen Betrag unserer CDMO Insights hilfreich? Dr. Gerhard Reuter, Qualified Person, erläutert in unserem Video-Wissenshub wichtige Details zum Thema cGMP-Compliance. Melden Sie sich an, um dieses und weitere Videos anzusehen und erhalten Sie Informationen zur Planung Ihrer klinischen Herstellung sowie zu strategischen Überlegungen zur Produktstabilität.

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